An(ge)dacht

 

Paul Häberlein

Liebe Leserin, lieber Leser,

es war schon lange Brauch, gute Tradition in dieser kleinen Dorfgemeinde. Am Ende einer jeden Trauerfeier, nach jedem Beerdigungsgottesdienst sang die Gemeinde mit- und füreinander den alten Osterchoral: Christ ist erstanden.

Während des Chorals zogen der Kreuzträger mit der Pfarrerin, oder dem Pfarrer und den Angehörigen durch den Mittelgang hinaus, um miteinander zum Friedhof zu gehen. Und alle erinnerten sich an die Kraft der Auferstehungshoffnung, indem sie eben sangen: „Christ ist erstanden von der Marter alle; des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.“

Für mich als Pfarrer war das jedesmal ein so trostvolles Bild. Da sangen die guten Sängerinnen und Sänger mit ihren klaren Stimmen. Aber auch die anderen waren zu hören, deren Gesang vielleicht eher ein Brummen war. 

Vom Gekreuzigten, von seinem Leiden, von seiner Marter erzählt dieses Lied, um zu trösten. Ob nun ein erfülltes oder unerfülltes, ein gelunges oder bruchstückhaftes Leben zu Grabe getragen wurde – Christ will unser Trost sein, denn am Ende eines jeden Verses steht: Kyrieleis – Herr, erbarme dich. 

„Wär er nicht erstanden, so wär die Welt vergangen; seit dass er erstanden ist so loben wir den Vater Jesu Christ! Kyrieleis.“ Da war jedesmal zu spüren, welch ein Geschenk es ist, das zu glauben und hoffen zu können. 

So standen wir in dieser kleinen Dorfkirche nebeneinander und sangen: „Halleluja, Halleluja, Halleluja! Des solln wir alle froh sein, Christ will unser Trost sein. Kyrieleis.“ Und die Hoffnung war das Verbindende. Die Hoffnung, dass Christus sich seiner Menschen erbarmt. 

Die Starken sangen für die Schwachen, die Glaubensfrohen für die Zweifelnden, als Gemeinde mit- und füreinander. Wem viel Hoffnung und Kraft gegeben war, der hat umso kräftiger in den Choral eingestimmt. Wessen Gesang eher leise oder gar stumm geworden war, der wurde von den Stimmen der anderen getragen. Und das „Kyrieleis“, das „Herr, erbarme dich“ hat sie stets miteinander verbunden. 

Ich wünsche Ihnen ein frohes Osterfest und eine gesegnete Osterzeit.

Ihr Pfarrer

Paul Häberlein